Muss Demokratie modern sein?

Nico Marchetti

BEI DEN GRUNDSÄTZEN EINER DEMOKRATISCHEN WAHL UND BEIM DATENSCHUTZ DARF ES KEINE KOMPROMISSE GEBEN

Das Rittern der Kandidatinnen und Kandidaten zur Bundespräsidentschaftswahl um Unterstützungserklärungen hat wieder eine Frage zu Tage gebracht: Sind die Abläufe in unserem demokratischen System überhaupt noch zeitgemäß? Denn das Prozedere, mit einem Lichtbildausweis bewaffnet zum Gemeindeamt gehen zu müssen, um den Zettel danach dem jeweiligen Kampagnenbüro zu übermitteln, ist schon für eingefleischte Parteifunktionäre eine Qual, geschweige denn für den Otto-Normal-Bürger. In diesem konkreten Fall könnte man analog zu bereits bestehenden Systemen für Bürgerinitativen und Petitionen ganz einfach online seine Kandidatin bzw. seinen Kandidaten unterstützen. Wenn man einen Schritt weiterdenkt, stößt man natürlich bald auf das Reizthema E-Voting. Bei der ÖH-Wahl 2009 wagte man einen ersten Versuch, elektronisch abzustimmen. Das Ergebnis: Der VfGH hat die Verordnung zum E-Voting bei der ÖH-Wahl als gesetzeswidrig aufgehoben. Verständlich? Ja, denn bei den Grundsätzen einer demokratischen Wahl und beim Datenschutz darf es keine Kompromisse geben. Sollte man deswegen das E-Voting ad acta legen? Nein, denn in der Begründung heißt es, dass es beim damaligen Stand der Technologie schwer durchzuführen gewesen wäre und entsprechende Anforderungen erst erfüllt werden müssten.
Heute schreiben wir das Jahr 2016, die Digitalisierung schreitet voran und die Technologien entwickeln sich rasant weiter. In absehbarer Zeit werden wir ohne Zweifel technisch in der Lage sein, elektronisch sicher abstimmen zu können. In Zeiten sinkender Wahlbeteiligungen sollten wir das auch tun. Jeder Schritt, der dazu dient, die Hürden, um sich an unserem demokratischen System zu beteiligen, zu senken, wird am Ende des Tages unsere Demokratie stärken.